Der Prozess, durch den Außenstehende zu Insidern werden, wird als Organisationssozialisation bezeichnet. Während sich die frühe Sozialisationsforschung auf Anpassungsindikatoren wie Arbeitszufriedenheit und Leistung konzentrierte, haben neuere Forschungen die Zusammenhänge zwischen organisatorischer Sozialisation und Arbeitsstress betont.
Sozialisation als Moderator von Stress am Arbeitsplatz
Der Eintritt in eine neue Organisation ist von Natur aus eine stressige Erfahrung. Neuankömmlinge begegnen einer Vielzahl von Stressoren, darunter Rollenambiguität, Rollenkonflikte, Arbeits- und Familienkonflikte, Politik, Zeitdruck und Arbeitsüberlastung. Diese Stressoren können zu Stresssymptomen führen. Studien aus den 1980er Jahren deuten jedoch darauf hin, dass ein richtig gesteuerter Sozialisationsprozess das Potenzial hat, die Stressor-Belastungs-Verbindung zu moderieren.
In der zeitgenössischen Sozialisationsforschung haben sich zwei besondere Themen herauskristallisiert:
- der Informationserwerb während der Sozialisation,
- Supervisorische Unterstützung während der Sozialisation.
Informationen, die Neuankömmlinge während der Sozialisation erworben haben, helfen, die große Unsicherheit bei der Bewältigung ihrer neuen Aufgaben, Rollen und zwischenmenschlichen Beziehungen abzubauen. Häufig werden diese Informationen über formale Orientierungs- und Sozialisationsprogramme bereitgestellt. In Ermangelung formaler Programme oder (sofern vorhanden) zusätzlich zu diesen erfolgt die Sozialisation informell. Jüngste Studien haben gezeigt, dass Neuankömmlinge, die proaktiv nach Informationen suchen, sich effektiver anpassen (Morrison 993). Außerdem berichten Neuankömmlinge, die die Stressoren in ihrem neuen Job unterschätzen, von höheren Distress-Symptomen (Nelson und Sutton 99).
Von besonderem Wert ist die begleitende Begleitung während des Sozialisationsprozesses. Neuankömmlinge, die von ihren Vorgesetzten unterstützt werden, berichten von weniger Stress durch unerfüllte Erwartungen (Fisher 985) und weniger psychischen Belastungssymptomen (Nelson und Quick 99). Supervisorische Unterstützung kann Neuankömmlingen auf mindestens drei Arten helfen, mit Stressoren umzugehen. Erstens können Vorgesetzte instrumentelle Unterstützung bieten (z. B. flexible Arbeitszeiten), die dazu beitragen, einen bestimmten Stressor zu lindern. Zweitens können sie emotionale Unterstützung bieten, die dazu führt, dass ein Neuankömmling effektiver mit einem Stressor umgeht. Drittens spielen Vorgesetzte eine wichtige Rolle, indem sie Neuankömmlingen dabei helfen, ihre neue Umgebung zu verstehen (Louis 980). Beispielsweise können sie Situationen für Neuankömmlinge so gestalten, dass sie Situationen als bedrohlich oder nicht bedrohlich einschätzen können.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Sozialisierungsbemühungen, die Neuankömmlingen die notwendigen Informationen und Unterstützung durch Vorgesetzte bereitstellen, verhindern können, dass die belastende Erfahrung belastend wird.
Bewertung der organisationalen Sozialisation
Der organisatorische Sozialisationsprozess ist dynamisch, interaktiv und kommunikativ und entfaltet sich im Laufe der Zeit. In dieser Komplexität liegt die Herausforderung, Sozialisationsbemühungen zu bewerten. Es wurden zwei allgemeine Ansätze zur Messung der Sozialisation vorgeschlagen. Ein Ansatz besteht in den Stufenmodellen der Sozialisation (Feldman 976; Nelson 987). Diese Modelle stellen die Sozialisation als einen mehrstufigen Übergangsprozess mit Schlüsselvariablen in jeder Phase dar. Ein anderer Ansatz hebt die verschiedenen Sozialisationstaktiken hervor, die Organisationen anwenden, um Neuankömmlingen dabei zu helfen, Insider zu werden (Van Maanen und Schein 979).
Bei beiden Ansätzen wird behauptet, dass es bestimmte Ergebnisse gibt, die eine erfolgreiche Sozialisation kennzeichnen. Zu diesen Ergebnissen gehören Leistung, Arbeitszufriedenheit, Engagement der Organisation, Engagement am Arbeitsplatz und die Absicht, im Unternehmen zu bleiben. Wenn die Sozialisation ein Stressmoderator ist, dann sollten Stresssymptome (insbesondere ein geringes Maß an Stresssymptomen) als Indikator für eine erfolgreiche Sozialisation aufgenommen werden.
Gesundheitsergebnisse der Sozialisation
Da die Beziehung zwischen Sozialisation und Stress erst vor kurzem Beachtung gefunden hat, haben nur wenige Studien gesundheitliche Auswirkungen berücksichtigt. Die Beweise deuten jedoch darauf hin, dass der Sozialisationsprozess mit Stresssymptomen verbunden ist. Neuankömmlinge, die den Austausch mit ihren Vorgesetzten und anderen Neuankömmlingen als hilfreich empfanden, berichteten über ein geringeres Maß an psychischen Belastungssymptomen wie Depression und Konzentrationsschwäche (Nelson und Quick 99). Darüber hinaus berichteten Neuankömmlinge mit genaueren Erwartungen an die Stressoren in ihrem neuen Job über ein geringeres Maß an sowohl psychologischen Symptomen (z. B. Reizbarkeit) als auch physiologischen Symptomen (z. B. Übelkeit und Kopfschmerzen).
Da Sozialisation eine stressige Erfahrung ist, sind Gesundheitsergebnisse geeignete Variablen für die Untersuchung. Es werden Studien benötigt, die sich auf ein breites Spektrum von Gesundheitsergebnissen konzentrieren und die Selbstberichte über Stresssymptome mit objektiven Gesundheitsmessungen kombinieren.
Organisatorische Sozialisation als Stressintervention
Die zeitgenössische Forschung zur organisationalen Sozialisation legt nahe, dass es sich um einen stressigen Prozess handelt, der, wenn er nicht gut gehandhabt wird, zu Stresssymptomen und anderen Gesundheitsproblemen führen kann. Organisationen können mindestens drei Maßnahmen ergreifen, um den Übergang zu erleichtern, indem sie eingreifen, um positive Ergebnisse der Sozialisierung sicherzustellen.
Erstens sollten Organisationen bei Neuankömmlingen realistische Erwartungen an die Stressoren wecken, die dem neuen Job innewohnen. Eine Möglichkeit, dies zu erreichen, besteht darin, eine realistische Jobvorschau bereitzustellen, in der die am häufigsten erlebten Stressfaktoren und effektive Bewältigungsmethoden aufgeführt sind (Wanous 992). Neuankömmlinge, die eine genaue Vorstellung davon haben, was ihnen begegnen wird, können Bewältigungsstrategien im Voraus planen und werden weniger Realitätsschocks durch die Stressfaktoren erleben, vor denen sie vorgewarnt wurden.
Zweitens sollten Organisationen Neulingen zahlreiche Quellen mit genauen Informationen in Form von Broschüren, interaktiven Informationssystemen oder Hotlines (oder all diesen) zur Verfügung stellen. Die Ungewissheit beim Übergang in eine neue Organisation kann überwältigend sein, und zahlreiche Informationsquellen können Neuankömmlingen dabei helfen, mit der Ungewissheit ihrer neuen Jobs fertig zu werden. Darüber hinaus sollten Neuankömmlinge ermutigt werden, während ihrer Sozialisationserfahrungen nach Informationen zu suchen.
Drittens sollte bei der Gestaltung von Sozialisationsprogrammen emotionale Unterstützung explizit eingeplant werden. Der Betreuer spielt eine Schlüsselrolle bei der Bereitstellung einer solchen Unterstützung und kann am hilfreichsten sein, indem er Neuankömmlingen emotional und psychologisch zur Verfügung steht (Hirshhorn 990). Andere Wege für emotionale Unterstützung sind Mentoring, Aktivitäten mit älteren und erfahreneren Kollegen und Kontakt mit anderen Neuankömmlingen.